Überspringen zu Hauptinhalt

Wie Gott sich selbst liebt

Ein Zugang zu Gott als dem Dreieinen (Joh 1,1)

Audio

 

Wie Gott sich selbst liebt, Impuls, 2020-01-12, Abendgebet im Kloster Fahr

 

Text

Als Christen wissen wir, dass wir im Gegensatz zum Islam oder zum Judentum einen dreieinigen Gott haben. Für viele ist ein solcher Gott zu kompliziert und so begnügt man sich, vom Göttlichen zu reden oder man bleibt bei einem Aspekt.

Die meisten kennen Bilder, auf denen Gott als alter Mann mit Bart erscheint. Die Künstler wussten nicht, wie sie Gott als den „Ewig-Seienden“ sonst malen sollten.

Dieser Ewig-Seiende hat sich zum Ausdruck gebracht: Zuerst im Wort, vor aller Zeit, dann „im Fleisch“ aus der Frau. Er wird als junger Mann dargestellt, um auszudrücken, dass er aus dem Ewigen hervorgegangen ist und dass er Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott ist.

Dann sehen wir auf diesen Bildern noch die Taube, das Symbol für den Heiligen Geist und wir sind gelehrt worden, dass das die Liebe sei. Die wenigsten wissen, dass die Taube ein altorientalisches Symbol für die Liebesgöttin ist.

Eine Alternative zu diesem Bild finden wir im ersten Satz des Johannes-Evangeliums und ich möchte eine Spur legen zu diesem Gott, der gleichzeitig der Seiende, das Wort und die Liebe ist.

Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.

Mit diesem einen Satz sagt Johannes:

Es gibt Gott.

Immer schon wurde dieser Gott als Wirklichkeit erahnt und erfahren als das Ganze, die Fülle, das Alles, das Leben, das Heilige.

 

Wenn es heisst „im Anfang“ bedeutet das nicht, am Anfang der Schöpfung, sondern „in prinzipio“, wie es lateinisch heisst. Im Prinzip. Wir sagen in unserer Sprache zum Beispiel: Im Prinzip ist es so, auch wenn es immer wieder anders scheint.

Gott ist also immer, das Grundlegende. Er existiert prinzipell, ob es die Schöpfung gibt oder nicht.

Dieser Gott ist nicht einfach ein einsamer Irgendwer im Nirgendwo, sondern es gibt Gott und das Wort. Das sagt dieser Satz. Dieses „Wort“ ist nach jüdischem Verständnis alles, was Gott von seinem für uns unzugänglichen Sein zum Ausdruck bringt. Dieses „Wort“ bleibt bei Gott. Bei jemandem bleiben – damit ist ein Verhältnis angedeutet, eine Ant-Wort. Damit ist Beziehung angedeutet, und Christus hat uns gesagt, dass diese Beziehung Liebe ist. Vor aller Zeit, in Gott.

Gott ist also Gott und sein Wort. Und dieses ist genauso Gott.

Als Menschen kennen wir die Liebe von Ich und Du; die Liebe zu einer Aufgabe, einem Werk; es gibt aber auch die Selbstliebe, denn wir sollen ja den andern lieben wie uns selbst. Hier liegt nun ein Zugang zu diesem inneren Geschehen in Gott.

Wenn ich mich selbst lieben soll, heisst das, dass ich sowohl der bin, der liebt, als auch der, der geliebt wird. Beides in einem. Ich existiere sozusagen im Doppel. In einem Verhältnis zu mir selber.

Wir alle machen die Erfahrung, ein doppelter Mensch zu sein, im Negativen und im Positiven:

Ich bin unzufrieden mit mir, weil ich schon wieder genörgelt habe. Ich fühle mich entzweit, gespalten, bin nicht einverstanden, nicht eins mit mir.

Oder ich freue mich, weil ich heute einer schwierigen Nachbarin mit viel Geduld begegnet bin. Dann bin einverstanden mit dem, was ich bin. Ich bin eins.

Doch in diesem Verhältnis zu mir selber gibt es noch etwas Drittes. Ich möchte das aufzeigen am Beispiel eines Ehestreites, nicht sehr schön, aber anschaulich:

Der Mann sagt zu mir als Frau irgend etwas, was mich verletzt, provoziert, schon zum xten Mal. Und heute kommt das Fass einfach zum Überlaufen. Es fängt an zu kochen, es packt mich und ich greife nach der kostbaren Blumenvase, die wir im ersten gemeinsamen Urlaub gekauft haben.

Ich bin in diesem Moment ganz und gar „Ich“ als lebendig empfindender zorniger Mensch.

Gleichzeitig gibt es in mir das Ich, das erkennt und denkt: Wenn ich diese Vase jetzt auf den Boden schmeisse, geht mehr kaputt als die Vase. Willst du es jetzt wirklich so weit kommen lassen?

Ich bin also doppelt existent: Als zorniges Ich und als Ich, das sich in seinem Zorn anschaut und ermessen kann, wohin das jetzt führt.

Und hier zeigt sich das Dritte: Gleichzeitig bin ich auch ganz und gar das Ich, das jetzt entscheidet, ob ich die Vase zerschmettere oder ob ich mich beherrsche. Wenn meine Liebe und meine Fähigkeit zur Selbstbeherrschung gross genug ist, werde ich zu mir sagen: Beherrsche dich. Zerschlage jetzt nicht zu viel Geschirr!

Diese drei Ich sind nicht physisch sichtbar, sondern sie sind eine geistige Wirklichkeit, sie machen mich aus als geistige Person. Wir sind „im Prinzip“ diese Dreiheit. Was in unserem Leben sichtbar zum Ausdruck kommt, ist die Frucht dieses Verhältnisses in uns.

Obwohl durch den Sündenfall, durch die Entfremdung von Gott diese Dreiheit in uns gebrochen ist, können wir durch unsere Selbstwahrnehmung eine Ahnung bekommen, wie Gott in seiner göttlichen Vollkommenheit der Dreieine ist:

Er ist der Seiende und sein Wort, das auch Gott ist. Gott und Gott, im Verhältnis zu sich selbst.

Und dann gibt es auch in Gott ein Drittes: Seine Selbstannahme, seine Selbstliebe. Gott sagt in Freiheit und „ewig“ und göttlich total, unwiderruflich ganz und gar Ja zu sich. Er er sagt Ja, auf diese Weise Gott zu sein, das Leben, das Alles, das Ganze, die Fülle. Und dieses Ja Gottes zu sich selbst können wir die Liebe nennen, Gott als Heiliger Geist.

Vielleicht ist das eine Spur, Gott im eigenen Sein von Gott zu „lesen“ und vom alten Mann mit Bart wegzukommen zum wahren Leben.

 

Audio: Wie Gott sich selbst liebt, Impuls pmh, 2020-01-12, Abendgebet im Kloster Fahr

Bilder: Quelle unbekannt, Der Kreis als Symbol Gottes

Kommentar schreiben

Dieser Beitrag hat 0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen